Die Pfarrkirche St. Katharina steht etwas erhöht,
weithin sichtbar durch ihren wunderschönen barockisierten Turm. Die
vergleichende Geschichtsforschung nimmt an, dass schon vor tausenden Jahren in
unmittelbarer Nähe eine Kultstätte vorgeschichtlicher Bewohner hätte sein
können, fand man doch nicht weit davon in der Burleiten eine weibliche
Kultfigur, etwa 6000 Jahre alt, die Venus von Langenzersdorf.
Die Kirche und der nebenliegende Pfarrhof dürften
die ersten „festen“ Häuser in dem Ort am Fuße des Bisamberges gewesen sein. Das
lässt darauf schließen, dass der heutige Pfarrhof damals Sitz einer edlen
Familie war. Ein nicht mehr nennbares niederes Adelsgeschlecht – wenn auch
einzelne Namen durch Zeugenschaft bekannt – hat die Grundlage für eine
Hallenkirche gelegt. Die 80cm dicken Mauern, die heute zu den Seitenschiffen
durchbrochen sind, zeugen auch von der Funktion dieses Gotteshauses als
Wehrkirche. Daran, dass hier in der Nähe der Kirche das Haus vornehmer und
freier Herren war, erinnern die Namen Enco, später ein Gnane von Enzinsdorf und
sein Bruder Adalbero. Davon zeugen auch zwei Grabplatten, die man heute im
Presbyterium der Kirche bewundern kann. Es sind Grabplatten aus hiesigem
Sandstein mit Hügelkreuzen. Auf beiden sieht man noch Äxte, die als
Rechtssymbol Besitzender gedeutet werden können.
An der südlichen Mauer der Kirche wurde eine
Grabkapelle angebaut, in der die Edlen bestattet wurden. Da es zu dieser Zeit
noch nicht üblich war, Grabplatten zu beschriften (Analphabetismus) kann man
die Grabplatten nicht zuordnen. Diese ehemalige Grabkapelle ist das heutige
Südschiff mit dem Marienaltar.
Die Menschen von Langenzersdorf wurden damals
seelsorglich von der Pfarre Korneuburg aus betreut. Korneuburg war bereits eine
eigene Pfarre, die mit Priestern aus dem Stift Klosterneuburg besetzt wurde.
Das heißt, dass auch schon im 12. und 13.Jahrhundert
Klosterneuburger Chorherren nach Langenzersdorf geschickt wurden.
Herr Coloman und seine Frau Jaeutt (Jutta) von
Enzersdorf ließen an der nördlichen Seite der Kirche eine Kapelle zu Ehren des
hl. Leonhard (Viehpatron) bauen (1315 – 1320) , das heutige nördliche
Seitenschiff. Im Jahre 1326 wurde St. Katharina eine eigenständige Pfarre
unabhängig von Korneuburg. Pfarrer Ulrich wird als Zeuge genannt. Von ihm
existiert noch sein Siegel.
Zu dieser Zeit wurde auch die gotische Apsis,
östlicher Teil des Mittelschiffes und Altarraum der Kirche sowie die gotische
Eingangshalle im Westen mit zwei gegenüberliegenden Türen nach Süden und Norden
gebaut. Die dicken Mauern der Saalkirche wurden zu den Seitenkapellen durch
Rundbögen durchbrochen, so dass schon damals die Grundstruktur der heutigen
Kirche erreicht wurde. Die nun schon sehr umfangreich ausgestattete Pfarre und
die kontinuierliche Betreuung vom Stift Klosterneuburg her, brachte es mit
sich, dass Papst Bonifaz IX. in der Bulle vom 22. Dezember 1402 festlegte, dass
die Pfarre Langenzersdorf direkt dem Stift Klosterneuburg inkorporiert
und eine mit allen Rechten ausgestattete Stiftspfarre ist. – nun mehr als
600 Jahre beim Stift.
Die Kirche war im Laufe der Zeiten den
verschiedensten Katastrophen ausgesetzt. Wiederaufbau und neue Zerstörungen
folgten oft unmittelbar aufeinander. Matthias Corvinus besetzte Korneuburg. Bei
den Kämpfen brannte 1477 die Kirche von Langenzersdorf. Ebenso passierte es im
dreißigjährigen Krieg durch ungarische Soldaten. Ganz schlimm erging es der
Kirche durch die Türkenbelagerung von 1683.
1689 begann für unsere Kirche eine neue Zeit. Die
Zerstörungen der Kirche waren so groß, so dass der Propst des Stiftes die Kirche
erneuern ließ. Damit zog das Zeitalter des Barock in die Kirche ein. Das Stift
Klosterneuburg strahlte mit seinen im Stift beschäftigten Künstlern auch auf
die Stiftspfarren, wie Langenzersdorf aus, die bedeutende Kunstwerke schufen.
Leider wurden die ersten Bemühungen weitgehend wieder zerstört. 1709 ging über
dem Bisamberg ein solch wütendes Unwetter nieder, so dass sich Schlammmassen,
Steine und Bäume den Berg herunterwälzten und knapp unter der Kirche eine
Staumauer bildete und das Wasser 1,65m vom heutigen Niveau hoch in der Kirche
stand. Nach Wiederherstellung kam 1749 ein starkes Erdbeben. Die Decke der
Kirche stürzte ein, die Altäre und die Kanzel wurden zerstört. Das Altarbild,
das die Hinrichtung der Hl. Katharina darstellte und von Johann Georg
Schmid (dem "Wiener Schmid") stammte, hing in Fetzen aus dem Rahmen.
Erst von da an konnte das Innere der Kirche das
endgültige barocke Aussehen entfalten. Schon bei der ersten
Barockisierungsphase schuf der bekannte Kirchenarchitekt Matthias Steinl den
genialen Hochaltar. Steinl arbeitete zu dieser Zeit in Klosterneuburg. Nur so
ist sein Wirken in Langenzersdorf zu verstehen. Das zerstörte Hochaltarbild des
„Wiener Schmid“ wurde durch eine Kopie ersetzt.
Oberhalb des Tabernakels ist ein Mariahilf – Bild
in einem wunderschönen Rahmen, was darauf hinweist, dass die Kirche einmal eine
Wallfahrtskirche war. Im nördlichen Seitenschiff befindet sich der
Barbaraaltar. Das Altarbild zeigt die Hinrichtung der Hl. Barbara (unsigniert).
Links steht die Statue des Hl. Sebastian und rechts die des Hl. Rochus. Die
Zusammenstellung der Heiligen zeigt an, dass der Altar besonders dem Gedanken
des Sterbens (Barbara) und der Hilfe bei Krankheiten, vor allem der Pest,
(Sebastian, Rochus) gewidmet ist. Auf dem Altartisch steht ein
Reliquienschrein, in dem ein Flachrelief des Hl. Leopold postiert ist, das
sicherlich erst später dazugekommen ist.
Im südlichen Seitenschiff steht der Marienaltar mit
einer spätgotischen oder frühbarocken Madonna. Dieser Altar bildet den gesamten
ostseitigen Abschluss des südlichen Seitenschiffes. Als Seitenfiguren finden
sich die Eltern Mariens – Joachim und Anna – sowie die Figuren des Hl.
Markgrafen Leopold III. und seiner Frau Agnes, der Tochter des deutschen
Kaisers Heinrich, die aber nie heilig gesprochen wurde. Auch hier steht auf dem
Altartisch ein barocker Reliquienschrein in dem eine Monstranz mit einem
Knöchelchen der Hl.Katharina steht. An der Westseite des Südschiffes hängt ein
großes Bild mit der Aufnahme der Hl. Katharina in den Himmel. Dieses Bild wurde
bislang dem italienischen Künstler Annibale Carracci (1560 – 1609)
zugeschrieben. Neueren Erkenntnissen zu Folge stammt es aber aus der Schule des
Meisters.
An der Längsseite des nördlichen Seitenschiffes ist
noch der Kreuzaltar zu nennen, dessen Figuren eindeutig auf das Leiden Christi
und ein Heiliges Grab während der Osterliturgie hinweisen.
Die Kanzel ist eine der letzten Einrichtungen nach
den Verwüstungen. Es ist eine typische, prächtige, spätbarocke Kanzel. Am
Kanzelkorb sind an den äußeren Enden zwei Tierköpfe angebracht: Der Stierkopf
steht für den Evangelisten Lukas, der Löwe wird dem hl. Markus zugeordnet.
Vorderseitig sitzen zwei Engel. Der links sitzende Engel hält die Tafel mit den
zehn Geboten. Der Rechtssitzende hält eine Tafel auf der in lateinischen Worten
steht: „Wer aus Gott ist, hört Gottes Wort.“ In der Mitte des Kanzelkorbes
leuchtet ein vergoldetes Relief. Es stellt den hl. Hieronymus in der Wüste dar,
einen Löwen und einen Kardinalshut zu seinen Füßen. Der hl. Hieronymus
verzichtete in Rom auf alle kirchlichen Würden und zog sich in die Wüste
zurück, wo er sich mit dem Urtext der Bibel beschäftigte. Hieronymus hat das
Alte Testament aus dem Hebräischen und dem Griechischen ins Lateinische und das
Neue Testament vom Griechischen in das Lateinische übersetzt (Vulgata). Bekrönt
wird die Kanzel durch einen im gleichen Stil gestalteten Schalldeckel auf dem
der Gute Hirte steht.
Am Pfeiler gegenüber der Kanzel steht auf einer
Säule eine original gotische Büste des Schmerzensmannes. Früher befand sich
diese gotische Halbfigur außen beim kleinen Turm. Heute steht eine Kopie außen
beim vermauerten Südeingang.
1708 wurde an das südliche Seitenschiff noch die
barocke Taufkapelle gebaut, in der die „Schwarze Madonna von Maria Einsiedeln
steht und verehrt wird.
Seit Ostern 2006 besitzt die Kirche einen neuen
Kreuzweg. Holzgeschnitzte, färbige Figuren stellen die Szenen des Kreuzweges
auf das Wesentliche reduziert dar. Sie stammen aus Italien und sind neueren
Datums.
Literatur: Schwarzmann Franz Karl / St. Katharina,
Pfarrkirche zu Langenzersdorf, 600 Jahre beim Stift Klosterneuburg.
Herausgegeben vom Pfarramt Langenzersdorf 2002. Druckerei Bösmüller Stockerau